Paludikultur-Newsletter 4|2024

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Moor und Klima - allgemein

Yeah! Deutscher Umweltpreis!

Eine der höchstdotierten Umwelt-Preise Europas geht 2024 an... Franziska Tanneberger vom GMC und damit bereits zum dritten Mal an eine Person der Moorforschung...

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Dr. Franziska Tanneberger erhält den Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) 2024. Die Co-Leiterin des Greifswald Moor Centrum (GMC) wird damit als eine der weltweit einflussreichsten Forschenden zu Mooren und deren Rolle für Klima und Biodiversität gewürdigt. Sie gilt als treibende Kraft bei der Revitalisierung von Mooren und als Brückenbauerin zwischen Wissenschaft, Politik und Landwirtschaft. Die Auszeichnung teilt sie sich mit Diplom-Ingenieur Thomas Speidel aus Nürtingen bei Stuttgart.

Eine der höchstdotierten Umwelt-Preise Europas geht so in kurzer Zeit bereits zum dritten Mal an eine*n Vertreter*in der Greifswalder Moorforschung. 2021 war „Moorpapst“ Prof. Hans Joosten einer der beiden Preisträger*innen der jährlich vergebenen und mit insgesamt 500.000 Euro versehenen Auszeichnung. 2015 wurde Prof. Michael Succow mit dem Ehrenpreis als Ausnahmepersönlichkeit im Naturschutz geehrt. Am 27.Oktober überreicht Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den diesjährigen Deutschen Umweltpreis in Mainz.

„Franziska Tanneberger hat es als exzellente und weltweit hoch anerkannte Moorforscherin durch unermüdlichen Einsatz mit ihrem Team geschafft, die Bedeutung von Moorschutz und Wiedervernässung für eine lebenswerte Zukunft national und international in politischen Entscheidungsprozessen zu platzieren.“ begründet DBU-Generalsekretär Alexander Bonde.

Die studierte Landschaftsökologin hat zum Seggenrohrsänger promoviert und ihre Habilitation zum Thema „Biodiversity and ecosystem services of near-natural and rewetted fens in Central and Eastern Europe – between wilderness and paludiculture“ verfasst. Heute lehrt und forscht sie an der Universität Greifswald. Seit 2015 leitet Dr. Franziska Tanneberger gemeinsam mit Dr. Greta Gaudig das Greifswald Moor Centrum, eine Kooperation von Universität, Michael Succow Stiftung und Duene e.V.. Sie ist Mitglied im Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) der Bundesregierung.

Tag der deutschen Einheit – nicht ohne Moor

Moor im Innenhof von Schloss Schwerin – das gibt es am 3. Oktober bei den Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit. Das GMC bietet auf dem Zukunftsforum eine Kombi von Theater und Expertentalk unterhaltsam und für alle...

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Mecklenburg-Vorpommern ist in diesem Jahr Gastgeber der mehrtägigen Feierlichkeiten zum Tag der deutschen Einheit. Gelegenheit, die Moore und Forschung des Landes zu präsentieren mit Blick in die Vergangenheit und Perspektiven für die Zukunft - verpackt in einem abwechslungsreichen Programm. Unterhaltsam, öffentlich und kostenfrei am Donnerstag 3. Oktober von 15:15-16:45 Uhr auf dem Zukunftsforum im Innenhof des Schlosses Schwerin:

15:15 Uhr „Moor muss nass, oder was“ – Ein Theaterstück der 9. Klasse der Martinschule Greifswald: Dem Moorforscher Prof. Dr. Hans Joosten aus Greifswald gelingt es mit Hilfe Mephistos in die DDR-Vergangenheit ins Jahr 1958 zu reisen. Dort sind gerade tausende Jugendliche damit beschäftigt die Friedländer Große Wiese, ein riesiges Moorgebiet in Vorpommern, trocken zu legen. Warum tun sie das, wird es dem Professor gelingen, die Jugendlichen davon zu überzeugen, ihre Arbeit einzustellen und welche Pläne verfolgt Mephisto eigentlich?

15:45 Uhr Zurück in der Gegenwart treffen die Schüler den Moorprof ganz real. Sie stellen ihm Fragen: Warum wäre Joosten lieber in der Vergangenheit geblieben und warum wurde aus der damaligen Begeisterung ein Desaster von heute?

16:00 Uhr Welches Potenzial bietet Paludikultur für Landwirtschaft und Wirtschaft? Was muss politisch für mehr Paludikultur passieren und wie kann die Forschung dazu beitragen? Darüber diskutieren Dr. Franziska Tanneberger (GMC-Leitung, Universität Greifswald), Dr. Till Backhaus (Minister für Umwelt und Landwirtschaft MV), Tobias Gruber (Bereichsleiter Nachhaltigkeit, OTTO) und Landwirt Rembert Wellen. Die Moderation hat Jan Meßerschmidt, Leiter der Hochschulkommunikation der Universität Greifswald.

Paludikultur und Biodiversität – neues Infopapier

Alles Wichtige in Kürze, ob positive oder negative Effekte von Paludikultur auf Biodiversität, mögliche Konflikte, beeinflussende Faktoren und flankierende Maßnahmen im neuen Infopapier ...

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Im Vergleich zu Landwirtschaft auf entwässertem Moor fördert Paludikultur die Biodiversität, das fasst das neue Informationspapier der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde, Peatland Science Centre und Greifswald Moor Centrum zusammen. Klar ist: Moortypische und moorspezifische Arten haben keinen Lebensraum auf entwässerten Moorböden. Welchen Raum sie auf bewirtschafteten wiedervernässten Fläche haben, zeigen inzwischen Untersuchungen zu mehreren Arten in mehreren Gebieten. So hat sich zum Beispiel auf einer 10 Hektar großen Anbaufläche von Rohrkolben in Mecklenburg-Vorpommern die Zahl der Rote-Liste Vogelarteninnerhalb von vier Jahren verdoppelt. Auf einer Torfmooskultivierungsflächen von 17 Hektar in Niedersachsen gleicht die Zahl der moortypischen Libellenarten nach ca. zehnjähriger Beobachtung fast der in naturnahen Mooren der Gegend.
Nach Wiedervernässung finden sich feuchtigkeitsliebende und seltene Arten, wo zuvor frischeanzeigende und weit verbreitete Arten vorhanden waren. Bei Bewirtschaftung wirken sich Intensität, Mahd und Erntezeitpunkt unterschiedlich auf diese aus. Das Mähen von Flächen schafft durch geringere Streu, mehr Lichteinfall und Aushagerung eine artenreichere Vegetation. Im Winter fehlen damit aber Wirtspflanzen und Winterrefugien für manche Tierarten. Das Informationspapier geht auf negative wie positive Aspekte ein, sowie auf mögliche Konflikte mit dem Naturschutz und begleitende Maßnahmen, die Biodiversität auf Paludikulturflächen fördern können.

IMCG-Exkursion 2024: Von den Alpen bis zur Küste

Anlässlich des 20. Feldsymposiums des IMCG begaben sich 30 Moorexpert*innen auf eine zehntägige Tour durch Deutschland. Das Ergebnis war ein Aufruf, die Bernsteingewinnung in der Ukraine zu beenden und die Europäische Kommission aufzufordern, strategische Entscheidungen zu Moorgebieten zu treffen.

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Die wenigen noch intakten Moore in Deutschland sind von unschätzbarem Wert und dienen als Paradebeispiele für die fein abgestimmte Dynamik dieser einzigartigen Systeme, die Rückzugsgebiete für seltene Moorpflanzen- und Tierarten bieten. Die dringende Notwendigkeit, diese Gebiete zu schützen und die ausgedehnten degradierten Moorgebiete im ganzen Land wiederherzustellen, hat nach wie vor höchste Priorität.

Dazu waren sich internationale Moorexpert*innen nach dem 20. Feldsymposium der International Mire Conservation Group (IMCG) diesen Sommer in Deutschland einig. Über 30 Moorexpert*innen und -liebhaber*innen aus 17 Ländern, darunter sechs EU-Mitgliedstaaten, nahmen teil. Die IMCG, ein internationales Expertennetzwerk, hat sich zum Ziel gesetzt, den Schutz von Mooren und verwandten Ökosystemen zu fördern und zu unterstützen und gleichzeitig den weltweiten Informations- und Erfahrungsaustausch zu erleichtern. Mit über 550 Kontakten in fast 60 Ländern spielt das Netzwerk eine wichtige Rolle beim Erhalt von Mooren.

Obwohl die deutschen Moore eine relativ kleine Fläche einnehmen, sind sie weltweit von großer ökologischer und umweltpolitischer Bedeutung. Alarmierenderweise sind degradierte Moore für 7 % der gesamten Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich und tragen damit wesentlich zu den globalen Mooremissionen bei. Durch Beobachtungen, Diskussionen und den Austausch mit lokalen Experten während der Exkursion erarbeiteten die Teilnehmenden Empfehlungen für den Schutz und die Wiederherstellung von Mooren in Deutschland und der Europäischen Union, wobei sie sich auf Fachwissen aus der ganzen Welt stützten. Die IMCG betonte die Bedeutung des Schutzes der verbliebenen Moore in Deutschland und die Integration dieser Systeme in die Landschaft.

Die wichtigsten Beschlüsse des IMCG 2024 in Deutschland waren

- Ein Vorschlag, dem Pfrühlmoos in Bayern einen Schutzstatus zu gewähren

- Ein Aufruf zur Einstellung der Bernsteingewinnung in der Ukraine dort, wo sie Moore schädigt

- Eine Resolution an die Europäische Kommission und die EU-Mitgliedsstaaten zu strategischen Leitlinien für das Moormanagement

Auf ihrer Reise von Süd- nach Norddeutschland erkundete die IMCG eine Vielzahl von Mooren, darunter einige der am besten erhaltenen Gebiete in Deutschland wie das Pfrühlmoos in Bayern. Auf ihrer Reise nach Norden ins Tiefland stieß die Gruppe auf stark degradierte Standorte, auf Gebiete, in denen der Torfabbau noch andauert, und auf vielversprechende Gebiete, an denen die Restaurierungsbemühungen erste Erfolge zeigen. Sie besuchten zudem Flächen, auf denen Paludikultur in die Praxis umgesetzt wird, wie z. B. den Sphagnum-Anbau in Hankhausen (Niedersachsen), Typha-Anbau in Neukalen (MV) und die Feuchtwiesen der Klimafarm in Schleswig-Holstein, die das breite Potenzial der Paludikultur demonstrieren. Weitere Stationen waren das Freisinger Moos (Bayern), die Hannoversche Moorgeest und die Eider-Treene-Niederung (beide in Niedersachsen) sowie das Peenetal in Mecklenburg-Vorpommern.

Das Besondere an dieser Exkursion war das Zusammentreffen von Expert*innen aus aller Welt und aus der Region, generations- und fachübergreifend, vereint durch ihre Leidenschaft für Moore. Dieser Enthusiasmus war in den langen Diskussionen, eifrigen Debatten und Geschichten, die während der gesamten Reise ausgetauscht wurden, spürbar. Trotz gelegentlicher steckengebliebener Stiefel und hüfttiefer Einbrüche in Wasserlöcher überstand die Gruppe die Reise unbeschadet und beendete sie mit einer musikalischen Note - singend vom Aussichtsturm des Anklamer Stadtbruchs, von dem aus man das Moorgebiet überblicken konnte.

Dieser Gedankenaustausch hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck und treibt die dringende Arbeit zum Schutz und zur Wiederherstellung von Mooren in Deutschland und darüber hinaus voran.

Hintergrund: Die IMCG und ihre Exkursionen

Die International Mire Conservation Group (IMCG) ist ein internationales Netzwerk von Spezialist*innen, die den Schutz von Mooren und verwandten Ökosystemen fördern und unterstützen. Außerdem soll es den internationalen Informations- und Erfahrungsaustausch über Moore fördern. Das Netzwerk hat derzeit über 550 Kontakte in fast 60 Ländern. Es wurde 1984 in Klagenfurt, Österreich, gegründet und 2001 in Frankreich offiziell als Verein eingetragen.

In unregelmäßigen Abständen versammelt die IMCG ihre Mitglieder zu einer Exkursion in die Moorgebiete eines Landes, 2024 erstmals in Deutschland. An neun Tagen führte das Programm die Moorexperten in Moore vom Süden bis in den Norden des Landes, darunter intakte Moore mit einzigartiger Artenvielfalt, restaurierte Moore und wiedervernässte Flächen, die in der Paludikultur genutzt werden.

Frühere Exkursionen führten u.a. nach Südafrika (2022), in die Mongolei (2019), in die Niederlande (2018), nach Russland (2018), nach Malaysia, Borneo und Brunei (2016), nach Belarus (2014), Österreich (2014), Australien (2013), in die Anden (2012) und nach Feuerland/Argentinien (2005).

Autorin: Amelie Hünnebeck-Wells, Greifswald Moor Centrum

Ein Projekt vorgestellt

Plant3-WieMoDämm

Das Projekt WieMoDämm im Bündnis Plant3 sucht nach hochwertige Veredelung von pflanzenbasierten Rohstoffen in Nordostdeutschland, natürlich auch aus Paludikulturen.

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WieMoDämm zielt darauf ab, die Verwendung von Paludikultur-Biomasse als Schall- und Wärmedämmung zu optimieren. Hierzu gehört es unter anderem, vorhandene Maschinen umzubauen, abzuwandeln und zu verbessern, um den Dämmstoff in großem Maß herstellen und ihn in die Wände von Wohnhäusern und Industriegebäuden einbringen zu können. Auch auf die richtige Mischung der Fasern kommt es an. Die Forschenden wollen das beste Rezept entwickeln, um die Dämmeigenschaften des Paludikultur-Materials möglichst gut hervorzuheben. Als potentielle Pflanzenarten werden Seggen, Rohrglanzgras, Schilf und Rohrkolben getestet. Weiterhin bemühen sie sich um neue Möglichkeiten, die Fasern und Dämmstoffe einzusetzen, und Vermarktungswege zu erschließen. Gelingt das, vergrößert das Vorhaben den Anreiz für Landwirte, ihre trockengelegten Flächen wiederzuvernässen und auf Paludikultur umzustellen.

Zunächst stellen die Beteiligten Prototypen im Labormaßstab her, an denen sie erste Tests hinsichtlich der Eigenschaften als Wandaufbau durchführen. Später konstruieren sie großformatige Bauteile, um zu sehen, ob es bei der Produktion in Serie oder dem Einbau zu Problemen kommt, die noch aus dem Weg geräumt werden müssen.

Die Projektleitung von WieMoDämm liegt bei der Hanffaser Uckermark e.G. Verbundpartner sind die Universität Greifswald, die Hochschule Wismar und die GEKO Maschinenbau GmbH. Das Projekt ist am 1. April 2024 gestartet und läuft bis Ende 2025. Gefördert wird das Projekt im Rahmen des Programms  "WIR! – Wandel durch Innovation in der Region" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Projektträger ist das Forschungszentrum Jülich GmbH (FZ Jülich).

Neuigkeiten aus Paludikultur-Projekten

Paludi im Paket

Paludikultur-Biomasse kann Versandkartons klimafreundlicher machen. Der Versandhandel OTTO testet daher einen Karton mit einem Anteil Seggenheu. Wie die Produktion lief und der neue Karton für zwei Monate im Versand getestet wird, erzählt Karla Jabben, Sustainability Managerin bei OTTO GmbH & Co KG.

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Frau Jabben, wie ist die Idee zum Karton mit Paludi-Anteil bei OTTO entstanden?

Bei OTTO schauen wir das große Ganze an. Wir glauben, dass wir mit Paludikultur einen Beitrag zum Klimaschutz leisten und das Thema gemeinsam mit anderen Unternehmen größer machen können.

Als studierte Umweltwissenschaftlerin suche ich gemeinsam mit meinen Kollegen im Bereich Nachhaltige Entwicklung immer nach innovativen Verpackungen und wir haben dazu Erfahrungen aus anderen Pilotprojekten.

Für ein erstes „Paludikulturprodukt“ bot sich der Bereich Verpackung aus mehreren Gründen an: Paludi-Biomasse ist hier am einfachsten in die Produktionskette zu integrieren und Kund*innen fragen nachhaltige Verpackungen aktiv nach. Ein Versandkarton ist unser erster Touchpoint mit den Kund*innen. Er erfährt zwar nicht die größte Aufmerksamkeit und landet schnell in der Tonne, aber die Erwartungen daran sind dennoch hoch. Die Nachhaltigkeit des Kartons soll sichtbar sein, ohne die Kund*innen lange Texte lesen zu lassen. Beim Paludikultur-Karton können wir das Thema kurz und gut auf dem Karton selbst und auch drumherum kommunizieren.

Gibt es schon Berechnungen dazu, wie die Klimabilanz des Paludikultur-Kartons aussieht, also wieviel CO2 sich damit einsparen lässt?

Nein, noch nicht. Wir haben das Projekt erstmal aus Idealismus gestartet und auf die konkreten Zahlen schauen wir jetzt im Verlauf. Hier helfen uns Vergleiche mit bestehenden OTTO-Produkten z.B. hinsichtlich des Wassereinsatzes in der Produktion oder des Entwaldungsrisikos. Wir betrachten in der End of life-Bilanz, wohin der Karton in der Entsorgung wandert, wie gut er im Recycling ist, ob er Störungen in der Wiederaufbereitung des Materials verursacht. Die Klimabilanzierung kommt eher gegen Ende der Testphase.

Welche Paludikultur-Biomasse steckt jetzt genau im Paludikultur-Karton und woher stammt sie?

Das ist Seggenheu. Ein Landwirtschaftsbetrieb aus MV hat 194 Ballen von je 210 kg aus seiner letztjährigen Herbsternte von ca. 80 ha nasser Moorfläche an den Verarbeiter creapaper geliefert.

Zum Einkauf gibt es verschiedene Szenarien. Wir haben noch nicht selbst mit Landwirtschaftsbetrieben zusammengearbeitet, machen uns aber auch Gedanken zum direkten Einkauf. Dieser könnte einen Unterschied im Preis machen, oder das Bezugsrisiko minimieren.

Und welchen Anteil hat die Paludikultur-Biomasse im Karton? Wie viele davon wurden produziert?

Von den Paludi-Kartons haben wir 100.000 Stück produziert. Der Karton besteht aus 75 % Recyclingpapier, 15% Frischfaser und 10 % Paludi-Biomasse. Wir sind mit einem eher niedrigen Anteil von Paludikultur-Biomasse gestartet, möchten aber in Zukunft auch einen höheren Anteil testen. Die Stabilität des Kartons muss aber weiter gegeben sein und zu viel Paludi-Biomasse würde in der Entsorgung wahrscheinlich stören. Der Paludi-Anteil wird aber nie riesig sein und nicht über 30% betragen.

Der Anteil an Frischfaser ist natürlich immer ein Dilemma für uns und sollte in keinem Fall höher werden. Wir wollen Frischfaser in Kartons vermeiden.

Welche Erkenntnisse gab es aus der Produktion?

Das Unternehmen creapaper hat für uns die Biomasse in Pellets umgewandelt, sozusagen das Rohmaterial hergestellt. Die Verarbeitung lief unkompliziert und durch die Form der Pellets ist eine homogene Vermischung mit den anderen Bestandteilen gegeben. Der Verpackungshersteller Mondi hat dann die Kartons auf einer Pilotmaschine hergestellt. Das lief problemlos. Wir wissen allerdings noch nicht, wie sich das Material auf der normalen Maschine verhalten würde. Dort würden die Papierbahnen etwas größer.

Was passiert weiter in der Testphase?

Die Testphase ist auf zwei Monate angesetzt, hängt aber auch von der Art der Bestellungen ab. Der Paludikultur-Karton ist als Packmittel für bestimmte Produkte in bestimmter Größe oder Anzahl vorgesehen, und die müssen in ausreichender Anzahl bestellt werden.

In jedem Karton gibt es zusätzlich zu den außen aufgedruckten Infos einen Beileger aus Papier, das anteilig auch aus Paludikultur-Biomasse besteht. Der Beileger erklärt die neue Verpackung und leitet die Kunden per QR-Code zu einem Online-Fragebogen. Leider konnten wir die Umfrage nicht mit einem Incentive verbinden, etwa mit einem kleinen Einkaufsgutschein, wie es bei einigen früheren Kundenbefragungen der Fall war. Aber wir haben dennoch schon Rücklauf zu unserem Questionnaire.

Weiter betrachten wir, wie sich der Karton in der Logistik bewährt. Hält er seine Form, reißt er, wie verhält er sich, wenn es auf dem Lieferweg auch mal regnet?

Dann ist die Recyclingfähigkeit sehr wichtig. Wir lassen das von Laboren vorab testen, doch der Prozess beim Kunden lässt sich schwer kontrollieren. Im besten Fall wandert der Karton ins Altpapier und dann zu einem Entsorger. Durch Retouren, durch die der Paludikultur-Karton zu OTTO zurückgeht und dort „sortenrein“ gesammelt und so einem Entsorger weitergegeben werden kann, gewinnen wir selbst gute Erkenntnisse zum Recycling, die sich übertragen lassen. Etwa, ob Maschinen verstopfen oder verschmutzen und das Recycling durch Wartungsaufwand und Arbeitszeit teurer würde.

Und was passiert nach der Testphase? Was ist Ihr Best case szenario?

Im besten Fall funktioniert der Karton gut in den Logistikprozessen, wird von den Kund*innen angenommen und gut bewertet, und schneidet im Vergleich zu bestehenden Verpackungen in Produktion und End of life-Bilanz mit einer Recyclingfähigkeit von über 90% richtig gut ab. Wir möchten Szenarien für Preis und Versorgung entwickeln, um das Ganze größer zu machen.

Nach einer Gesamtbewertung wissen wir, wo wir nacharbeiten müssen, eventuell bei der Größe des Kartons, oder bei der Art der Biomasse. Von deren Verfügbarkeit und Art der Aufbereitung hängt viel ab. Für den Piloten wurden die Halme mechanisch aufgefasert, aber wir wägen auch andere Aufbereitungen ab. Eine chemische Auffaserung liefert längere und stabilere Fasern, fordert aber natürlich den Einsatz von Chemikalien. Der hohe Silikatgehalt in Biomasse aus Paludikultur könnte hier problematisch sein. Es gibt Thermoverfahren, für die der Aufwand für Energie entscheidend ist.

Ich glaube: Dass der Karton schon das finale Produkt bei unseren Verpackungen ist, ist unwahrscheinlich, aber mit unserem jetzigen Test rappelt es schon vielversprechend im Karton.

Das Interview wurde geführt von Nina Körner und Clemens Kleinspehn.

Hintergrund:
Die OTTO Group ist eines von 14 Unternehmen, die sich als „Allianz der Pioniere“ dafür einsetzt, skalierbare Wertschöpfungsketten auf Basis von Paludi-Biomasse aufzubauen. Die Allianz der Pioniere ist aus der toMOORow-Initiative von Umweltstiftung Michael Otto und Michael Succow Stiftung heraus entstanden. Im Projekt PaludiAllianz koordinieren und unterstützen die Umweltstiftung Michael Otto, die Universität Greifswald und die Succow Stiftung seit April 2024 den im Wachsen begriffene Zusammenschluss interessierter Unternehmen. Unter anderem bieten sie den beteiligten Unternehmen aus den unterschiedlichen Wirtschaftssektoren Expert Circles z.B. zu Baustoffen oder Papier und Kartonagen.
Das knapp 3-jährige Verbundvorhaben PaludiAllianz wird gefördert vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) aus dem Sondervermögen "Klima- und Transformationsfonds (KTF)".

Raupe Ernte Moose – Kombi hat gut geklappt

Sie ist leicht, flexibel und pflegt und erntet Torfmoose ganz ohne Fahrer. Ingenieur*innen der mera Rabeler GmbH & Co. KGhaben eine ferngesteuerte Leichtbauraupe für den Einsatz in Sphagnum-Kulturen optimiert.

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Bisher erntet man Torfmoose mit einem Bagger vom Fahrdamm aus. Die Dämme benötigen jedoch viel Platz und der Bagger ist zu schwer, um direkt auf nassem Moorboden zu fahren. Deshalb braucht es ein Gerät, das den Torfmoosrasen direkt befahren, ihn pflegen und ernten kann. Diese fehlende Technik zur Bearbeitung von Sphagnum-Kulturen stellte aktuell noch eine Hürde dar, wenn es darum geht, Landwirt*innen zum Umstieg auf Paludikultur zu bewegen.

Doch Ingenieuren/Technikern der mera Rabeler GmbH & Co. KG ist es jetzt gelungen, dafür eine ferngesteuerte Leichtbauraupe mit breiten Kettenlaufwerken zu konstruieren. Damit ist eine Teilaufgabe des von der FNR geförderten Vorhabens GesaSpAn erfüllt.
Während der Feldversuche zeigte es sich als Vorteil, wenn der Wasserstand für die Ernte abgesenkt wird. Das Erntegut ist so leichter und die Maschine verstopft weniger häufig. Sie ermöglicht für bestehende Kulturen ein Ernteverfahren, bei dem Streifen von intakten, vermehrungsfähigen Pflanzen zurückbleiben, sodass kein neues Pflanzgut nötig ist. Dennoch arbeiten die Forschenden auch an einer Maschine, die sich zur Ausbringung von Pflanzgut eignet, um neue Sphagnum-Kulturen anzulegen.

Veranstaltungen

Alle aktuellen Veranstaltungen sind in unserem Online-Kalender zusammengestellt.

Publikationen

Alexiou Ivanova, T., Paramonova, K., Talipov, O., Tanyrbergenov, N., Zhakupov, T., Akayev, A., 2024: Assessment of Common Reed (Phragmites australis (Cav.) Trin. ex Steud.) Biomass Suitability for Solid Biofuels Production. Sustainability 2024, 16, 7378. DOI: 10.3390/su16177378

Chen, C., Lemke, N., Loft, L., Matzdorf, B., 2024: Transformation of peatland management towards climate targets in Europe. Ecosystem Health and Sustainability. DOI:10.34133/ehs.0239.

De Klerk, P., 2024: Vegetation history and landscape development in and around the Friedländer Große Wiese peatland (Mecklenburg-Vorpommern, NE Germany): an integration of palaeoecological and geomorphological data - mit ausführlicher Zusammenfassung auf Deutsch. Greifswald Moor Centrum-Schriftenreihe 03/2024 (Selbstverlag, ISSN 2627‐910X), 53 S

Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde, Peatland Science Center & Greifswald Moor Centrum, 2024: Informationspapier zu Paludikultur und Biodiversität. 8 S.

Mattila, T.J., 2024: The role of peatlands in carbon footprints of countries and products. Science of The Total Environment, p.174552. DOI: 10.1016/j.scitotenv.2024.174552

Mendiondo, G., Moko, E.M., Sparkes, D.L., Rahardiyan, D., Welham, S.J., O'Reilly, P., Wilson, P., Thomas, M.L., Ngangi, J., Sjögersten, S., 2024: Environmental and farming practice controls of productivity of Cyrtosperma merkusii (giant swamp taro), an underutilised wetland and potential paludiculture crop. Food and Energy Security, 13(1), p.e490, DOI:10.1002/fes3.490

Myllyviita, T., Grönroos, J., Mattila, T., Lång, K., 2024: Climate change mitigation potential of paludiculture in Finland: greenhouse gas emissions of abandoned organic croplands and peat substitution. Carbon Management, 15(1), p.2365903, DOI:10.1080/17583004.2024.2365903

Nielsen, C.K., Liu, W., Koppelgaard, M., Laerke, P.E., 2024: To  Harvest or not to Harvest: Management Intensity did not Affect Greenhouse Gas Balances of Phalaris Arundinacea Paludiculture. Wetlands, 44(6), p.79. DOI:10.1007/s13157-024-01830-7

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Dieser Newsletter wurde im Rahmen des Projektes PaludiZentrale erstellt und durch das Greifswald Moor Centrum unterstützt. PaludiZentrale wird durchgeführt von Thünen Institut, Universität Greifswald und Succow Stiftung, beide Partner im Greifswald Moor Centrum. Gefördert wird es durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) durch die Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe. V.i.S.d.P.: Nina Körner, Franziska Tanneberger, Merten Minke.