Torfmoose (Sphagnum spec.)
Kurz gefasst
Torfmoose (Gattung Sphagnum L.) sind Laubmoose, die vor allem in nährstoffarmen, sauren, nassen Habitaten vorkommen. Weltweit gibt es 150–450 Arten. Durch die Zerstörung ihrer Lebensräume sind viele Torfmoos-Arten in Deutschland gefährdet. Torfmoose sind Haupttorfbildner in natürlichen Hochmooren.
Standort
Torfmoos-Paludikultur kann auf wieder-vernässten Hochmoorflächen umgesetzt werden, die zuvor z. B. als Hochmoorgrünland genutzt wurden oder auf denen Torf abgebaut wurde. Auch nach Torfabbau überstaute Flächen sind für die Torfmooskultivierung (auf Schwimmmatten) geeignet.
Flyer "Steckbrief Torfmoos" (pdf | 0,5 MB)
Wasserstand: 2–10 cm unter Torfmoosoberfläche
Etablierung: Ausbringen von Torfmoosfragmenten, Etablierungsdauer: 1,5 (–3) Jahre
Ertrag: 2–8 t Trockenmasse je Hektar und Jahr
Ernte: alle 3–5 Jahre
Verwertung: Rohstoff für gartenbauliche Substrate u.v.m.
Emissionsminderung: ca. 15 - 25 t CO2-Äq. je Hektar und Jahr (im Vergleich zum entwässerten Hochmoorgrünland; ohne Emissionsminderung durch Torfersatz)
Potential
Die deutsche Nachfrage nach hochwertigem Weißtorf kann nachhaltig und klimaschonend durch 40.000 ha Torfmooskultivierung bedient werden. Allein in Niedersachsen, dem hochmoorreichsten Bundesland, gibt es ca. 100.000 ha Hochmoorgrünland.
Ein Mosaik verschiedener Produktionssysteme könnte die optimale Konstellation für Torfmooskultivierung auf degradierten Hochmoorflächen darstellen; auf Hochmoorgrünland, auf wiedervernässten, abgetorften Flächen, sowie mit Schwimmmatten auf nach Torfabbau überstauten Flächen. Alle Varianten wurden in Projekten an der Universität Greifswald bereits erfolgreich getestet.
Etablierung
Flächenvorbereitung
Bei Hochmoorgrünlandflächen erfolgt zunächst ein minimaler Abtrag des degradierten Oberbodens, der für die Modellierung von Fahrdämmen genutzt werden kann. Dieser Arbeitsschritt ist auf abgetorften Flächen zumeist deutlich weniger aufwendig. Ist die Fläche eingeebnet, wird ein regulierbares Bewässerungssystem einschließlich Bewässerungsgrüppen, Zu- und Überläufen sowie Pumpen installiert. Der Abstand der Bewässerungsgrüppen ist abhängig von der Wasserdurchlässigkeit der Torfe (ca. 5 bis 15 m).
Saatgut
Als Saatgut werden Torfmoos-Fragmente verwendet, aus denen neue Torfmoospflanzen wachsen. Die Entnahme des Saatgutes erfolgte bisher aus natürlichen Beständen mit möglichst regionaler Herkunft (S. papillosum, S. palustre). Perspektivisch kann das Saatgut auf Torfmooskultivierungsflächen gewonnen werden. Vegetative Vermehrung oder eine Zwischenkultur vor Ausbringung im Feld sind im Gewächshaus (z.B. an einer Torfmooswand) wie auch im Freiland möglich. Die Aufzucht aus Sporen gelang an der Universität Greifswald bisher nur im Labor und Gewächshaus. Für die Gewinnung reinen Saatgutes besonders produktiver Sippen bietet die sterile Vermehrung in Photobioreaktoren eine Perspektive.
Bestandsbegründung
Nach Abschluss der Flächenvorbereitung erfolgt die gleichmäßige Ausbringung der Torfmoosfragmente mittels Stalldungstreuer, der auf eine Pistenraupe aufgesattelt ist. Für die schnelle Etablierung eines geschlossenen Torfmoosrasens ist neben ca. 80 % Ausbringdeckung ein stabiler Wasserstand in Flurhöhe sicher zu stellen. Ist die Wasserversorgung nicht ausreichend gewährleistet, empfiehlt sich zu ihrem Schutz die Abdeckung der Moosfragmente mit Stroh. Nach etwa 1,5 Jahren hat sich ein geschlossener Torfmoosrasen etabliert.
Management & Ernte
Wassermanagement und Nährstoffversorgung
Für ein gutes Torfmooswachstum ist ein ausgeglichen hoher Wasserstand von ca. 2 bis 10 cm unter Torfmoosköpfchen (Capitulum) erforderlich, Überstau ist zu vermeiden. Die Nährstoffeinträge sind gering zu halten, da anderenfalls Gefefäßpflanzen gefördert werden.
Pflege
Um die Dominanz von Gefäßpflanzen zu vermeiden und ihren Bestand zu regulieren, ist eine regelmäßige Mahd während der Vegetationsperiode notwendig. Die Bewässerungseinrichtungen müssen regelmäßig gewartet werden (Grüppenreinigung).
Dauer der Kultur
Torfmooskulturen sind Dauerkulturen die vermutlich über 20 – 30 Jahre genutzt werden können. Es liegen noch keine Erfahrungen vor, wann eine Neueinrichtung erforderlich ist.
Ernte
Die Ernte ist ganzjährig alle 3–5 Jahre möglich und kann rotierend erfolgen. Geerntet wird mit einem Bagger vom Fahrdamm, der mit einem Mähkorb die Tormoosbiomasse aufnimmt. Erntetechnik, die direkt auf den Torfmoosflächen fährt, ist bisher noch nicht erprobt.
Bei der Ernte werden die Torfmoose abgeschnitten. Die auf der Fläche verbliebenen Torfmoosstängel wachsen nach Bildung eines neuen Capitulums (Köpfchens) weiter.
Verwertung
Verwertung: Torfmoos-Biomasse als Torfersatz
Hochmoortorfe sind derzeit wichtigster Rohstoff für gärtnerische Substrate und Blumenerden (jährlicher Verbrauch in Deutschland ca. 8 Mio. m³). Die Verknappung von Torf und die erzeugungs- und nutzungsbedingte Freisetzung von Treibhausgasen erfordern die Suche nach Alternativen.
Torfmoos-Biomasse ähnelt in ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften gering zersetztem Torfmoos-Torf (sog. Weißtorf). Pflanzenbauliche Versuche haben die Eignung der Torfmoosbiomasse als Ersatzsubstrat für fossilen Torf nachgewiesen. Ein Erwerbsgartenbaubetrieb hat diese in der Praxis mit guten Ergebnissen getestet.
Torfmoose aus Paludikultur bieten die Chance, Torf als Substratrohstoff substantiell und nachhaltig zu ersetzen.
Weitere Verwendungsmöglichkeiten
Torfmoos-Biomasse kann als Substrat für Spezialkulturen (z.B. für die Anzucht von Orchideen-Jungpflanzen) und vertikale Gärten, Dachbegrünung, Terrarieneinrichtung und Floristik verwendet werden. Aufgrund der guten Absorbtionsfähigkeit ist Torfmoos auch als Verbandsmaterial und Hygieneartikel (z.B. Absorbec™ von Johnson & Johnson) geeignet. Torfmoos wird auch als traditioneller Dämmstoff in Blockhäusern, als Absorptionsmittel für ausgelaufene Flüssigkeiten bei Öl- und Chemieunfällen, als Einstreu, Transport- bzw. Verpackungsmaterial, Wasserfilter sowie in der Medizin und Kosmetik genutzt.
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Quellen & weitere Informationen
- Wichtmann, W., Schröder, C. & Joosten, H. (Hrsg.) (2016) Paludikultur – Bewirtschaftung nasser Moore.
Schweizerbart, Stuttgart, 272 Seiten - Krebs, M., Gaudig, G., Wichmann, S. & Joosten, H. (2015) Torfmooskultivierung:
Moorschutz durch Moornutzung. Telma, Beiheft 5: 59-70 - Gaudig, G., Fengler, F., Krebs, M., Prager, A., Schulz, J., Wichmann, S. & Joosten, H. (2014)
Sphagnum farming in Germany – a review of progress. Mires and Peat 13: Art. 8 - Flyer "Steckbrief Torfmoose" (pdf | 0,5 MB)
- Gaudig, G., Krebs, M., & Joosten, H. (2017). Sphagnum farming on cut-over bog in NW Germany: Long-term studies on Sphagnum growth. Mires & Peat, 20.