Paludikultur-Newsletter 3|2024
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Moor und Klima - allgemein
25 Jahre Paludikultur
Ein simples Wort für ein ganzes Konzept - Paludikultur wurde 1998 erstmals in einer Publikation erwähnt. Eine Idee, so alt wie Methusalem, so der Schöpfer, und heute ein wichtiger Gamechanger. Bei der Jubiläumsfeier gründete sich ein ganzes Netzwerk von Paludikultur-Projekten.
Vor 25 Jahren wurde das Wort „Paludikultur“ geboren. Ein „simples“ Wort musste her, für ein ganzes Konzept: Entwässerte Moorflächen wiedervernässen, um das Freisetzen von Klimagasen zu stoppen und sie in einer neuen nachhaltigen Form der Landwirtschaft weiter zu nutzen. Aus zwei lateinischen Worten puzzelt es sich zusammen, aus ‚palus‘ für Sumpf und ‚cultura‘ für Anbau. Hans Joosten publizierte es erstmals 1998 in dem Aufsatz „Peat as a renewable resource: the road to paludiculture“.
Seitdem ist viel passiert. Das zeigte sich bei der etwas verschobenen Feier zum 25-jährigen Bestehen des Konzeptes, veranstaltet von Thünen-Institut, Universität Greifswald und Succow Stiftung, den drei Partnern im Projekt PaludiZentrale, vom 10.-11. Juni 2024 in Braunschweig mit wissenschaftlichen Beiträgen, Podiumsdiskussion und Postersession und ca. 200 Teilnehmenden. Pioniere haben Paludikultur ausprobiert, Forschungsprojekte haben die verschiedensten Aspekte von Aussaat bis Zertifikate betrachtet, die Politik beschäftigt sich damit und Unternehmen beginnen, Paludikultur als Markt zu entdecken.
Das Konzept sei „so alt wie Methusalem“, sagte Joosten in Braunschweig, aber heute ein Gamechanger im Kampf gegen die Klimakrise. Der emeritierte Professor sieht Wiedervernässung und Paludikultur als moralische Verpflichtung. Angesichts einer Weltbevölkerung von mehr als acht Milliarden Menschen und der im Kampf gegen die Klimakrise nötigen Netto-Null an CO2-Emissionen müsse jede Tonne sofort kompensiert werden. Ein Kompensieren von klimaschädlichen Produkten oder Verhalten, bei dem Einsparer anderen ihre Emissionsreduktion verkaufen („offsets“) wird es nach 2050 nicht mehr geben, so Joosten, denn „dann müssen alle auf Null sein!“. Der Freund klarer Worte und direkter Bezüge sagt: „Moorentwässerung kostet Menschenleben.“ Um im Pariser Klimaschutzabkommen (2015) festgelegten Ziele zu erreichen, sei die Wiedervernässung von Mooren daher alternativlos, pro Jahr auf 50.000 Hektar allein in Deutschland und weltweit auf 2 Millionen Hektar jährlich bis 2050.
Gefeiert wurde auch die Zusammenarbeit in neun langfristig angelegten Projekten. Für den Austausch von Know-how und Erfahrungen gründeten diese das neue Netzwerk PaludiNetz. Teil sind jetzt die vier zehnjährigen durch das BMEL geförderten Modell- und Demonstrationsvorhaben (MuD) WetNetBB (Brandenburg), LivingLab Teufelsmoor, MOOSland und RoNNi (Niedersachsen) sowie die vier durch das BMUV geförderten Pilotvorhaben BLuMo (Brandenburg), Klimafarm (Schleswig-Holstein), PaludiMV (Mecklenburg-Vorpommern) und MoorWERT (Bayern) mit jeweils ebenso einer Laufzeit von zehn Jahren. Ihr gemeinsames Ziel ist es, Paludikulturen im praxisrelevanten Maßstab zu etablieren, zu bewirtschaften und Verwertungs- und Vermarktungsketten für die Biomasse aufzubauen. Dabei vernetzt und begleitet PaludiZentrale die Praxis-Projekte, sorgt für eine einheitliche Datenerfassung, wertet die Ergebnisse übergreifend wissenschaftlich aus und kümmert sich um den Wissenstransfer.
Global Peatland Map 2.0!
Jetzt online: die Global Peatland Map, interaktiv, mit mehreren Layern und kostenfrei zum Download. Storymaps zu Mooren der verschiedenen Kontinente werden dieses Angebot in den kommenden Monaten ergänzen.
Die Global Peatland Map des GMC gibt es jetzt online und interaktiv! Sie umfasst elf Seiten und deckt eine Vielzahl von Themen ab, etwa Ausdehnung von Mooren pro Land, Treibhausgasemissionen, Hotspots der biologischen Vielfalt, Moore in Schutzgebieten oder Brandherde. Eine Reihe von Story Maps „Peatlands in the Continents“ wird die Global Peatland Map 2.0. für einen detaillierten Blick auf Regionen ergänzen, mit den wichtigsten Fakten über Verbreitung, Zerstörung und Handlungsoptionen zu Mooren. Visuell intuitiv, leicht zu navigierende und schön gestaltet lässt sich eine erste Story Map zu Asian Peatlands bereits online ausprobieren.
Die Webversion der Global Peatland Map basiert auf den Daten des Global Peatlands Assessment aus dem Jahr 2022. Dieses hatte die besten verfügbaren wissenschaftlichen Daten zusammengefasst, um einen Überblick zum Zustand der Moore weltweit zu geben. Als Partner in der Global Peatlands Initiative haben die Kartenspezialist*innen des GMC sie in enger Zusammenarbeit mit dem World Environment Situation Room des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) die Online-Version erstellt.
Wo hakt‘s? Neues Rechtsgutachten zeigt Hürden
Ein neues Rechtsgutachten zeigt auf 209 Seiten umfänglich, wo die rechtlichen Hürden für eine Umsetzung von Wiedervernässung in Deutschland (mit Fokus auf Mecklenburg-Vorpommern) liegen. Und wie sie sich aus dem Weg räumen ließen...
Besonders bei der Verfügbarkeit von Flächen sowie im Bereich Planung und Genehmigung gibt es Hürden für die Wiedervernässung von Mooren. - Das macht ein neues Rechtsgutachten deutlich, veröffentlicht in der Greifswald Moor Centrum-Schriftenreihe. Es bietet eine umfangreiche Analyse und zeigt mögliche Lösungsansätze auf, damit Moore zügig wiedervernässt werden und als wichtige Kohlenstoffspeicher und -senken einen Beitrag zum natürlichen Klimaschutz leisten können.
Das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz der Bundesregierung zielt darauf ab, gefährdete Ökosysteme wie Auen, Moore und auch Wälder, zu schützen und zu stärken - und die Hindernisse, die der Restaurierung dieser wertvollen Gebiete im Wege stehen, zu verstehen und zu beseitigen. Dazu liefert das neue Rechtsgutachten von Prof. Dr. Sabine Schlacke und Prof. Dr. Michael Sauthoff einen wichtigen Beitrag. Es wurde im Rahmen des Projektes MoKKa - Moorklimaschutz durch Kapazitätsaufbau erstellt, in dem Succow Stiftung, Universität Greifswald und die Ostseestiftung zusammenarbeiten. Die Ergebnisse des Gutachtens wurden Ende Juni auf dem „Fachforum: Natürlichen Klimaschutz beschleunigen - Rechtliche Rahmenbedingungen verbessern“ vorgestellt, das gemeinsam mit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt organisiert wurde und in Berlin stattfand. Auch die Möglichkeiten zur Umsetzung der rechtspolitischen Empfehlungen wurden diskutiert.
Klima, Wasser, Biodiversität in Mooren und Auen
“Moorschutz ist von öffentlichem Interesse“ - mit einer Stellungnahme der Leopoldina nehmen zwölf Wissenschaftler*innen Bezug auf den Satz im aktuellen Koalitionsvertrag. Sie betonen die dringliche Restaurierung zum Kampf gegen klimawirksame Gase aus der Landnutzung.
Klima, Wasser, Biodiversität – wie das in Mooren und Auen zusammenhängt, in welchem Zustand es ist und wie es sich verbessern lässt - fasst die neue Leopoldina-Stellungnahme „Klima - Wasserhaushalt - Biodiversität: Für eine integrierende Nutzung von Mooren und Auen“ zusammen. Das 136 Seiten starke Papier der Arbeitsgruppe an der der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina ist Ende Juni 2024 erschienenen. „Nirgendwo in Mitteleuropa ist die Artenvielfalt so hoch wie in diesen Feuchtgebieten“, sagt Leopoldina-Mitglied Prof. Dr. Klement Tockner, Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung. Naturnahe Moore und Auen sind zudem essentiell, um Flutkatastrophen vorzubeugen und CO2-Emissionen zu reduzieren. Die Stellungnahme mit ergänzendem digitalen Dossier betont die Notwendigkeit der Wiedervernässung von Mooren und der Renaturierung von Auen. Beides ist als Klima- und Biodiversitätsziel schon festgeschrieben, für die EU zum Beispiel in dem kürzlich vom EU-Umweltrat verabschiedeten Gesetz zur Wiederherstellung der Natur oder weltweit in der UN-Biodiversitätskonvention. Diese sieht den Schutz und die Wiederherstellung von mindestens 30 % der weltweiten Land-, Süßwasser- und Meeresflächen bis 2030 vor. Auch im Koalitionsvertrag der jetzigen Bundesregierung ist das öffentliche Interesse von Mooren festgehalten.
Die Stellungnahme zeigt nun Handlungsoptionen auf, um die nationalen und internationalen Verpflichtungen im Klima-, Gewässer- und Biodiversitätsschutz zu erreichen und diese Flächen trotzdem wirtschaftlich nutzen zu können. Dazu gehört der Schutz intakter Moore, die Umstellung auf Paludikultur, das Honorieren von Ökosystemleistungen und eine Aufnahme der Maßnahmen in den CO2-Emissionshandel. Beteiligt waren zwölf Wissenschaftler*innen aus den Fächern Ökologie, Biologie, Hydrologie, Soziologie, Agrartechnik und Umweltökonomie sowie den Rechtswissenschaften – darunter auch mit Dr. Franziska Tanneberger und Prof. Jürgen Kreyling gleich zwei Wissenschaftler*innen aus dem Greifswald Moor Centrum.
Neue Fördermöglichkeit für landwirtschaftliche Maschinen
Gute Nachricht aus dem BMUV: Das Ministerium unterstützt die Anschaffung von Geräten zur schonenden Bewirtschaftung nasser Moorböden mit 100 Millionen Euro aus dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK).
Ein neues Förderpaket dürfte besonders für Landwirt*innen und Naturschutzvereinigungen interessant sein: Investitionsförderung von Maschinen und Geräten zur Stärkung der natürlichen Bodenfunktionen in Agrarlandschaften. Bis zu 100 Millionen Euro stehen zur Verfügung, um Maschinen anzuschaffen, die einen geringeren Druck auf den Untergrund ausüben und so einen Beitrag zum langfristigen Erhalt einer guten Bodenstruktur leisten. Sie sollen ermöglichen, nasse Moorböden schonend zu bearbeiten, Grünland extensiv zu bewirtschaften und Unkraut mechanisch zu bekämpfen. Bundesumweltministerin Steffi Lemke möchte mit dieser Maßnahme landwirtschaftliche Betriebe nicht nur bei der Wiedervernässung, sondern auch bei der schonenden Bewirtschaftung nasser Moorböden unterstützen. Die Laufzeit dieser Richtlinie ist bis zum 31.12.2026 befristet.
Wie Menschen, nur nasser
Kuriose Mensch-Moor-Parallelen im neuen populärwissenschaftlichen Buch von Swantje Furtak und Prof. Hans Joosten machen die Lektüre alles andere als trocken!
„Moore sind wie Menschen, nur nasser“! Anderer kleiner Unterschied: Beim Menschen sieht man erst den Tod und beim Moor zuerst das Leben. Aber das ist gleich: Mit dem Alter werden Moore dicker und kriegen Falten. Wie das gemeint ist und weitere kuriose Mensch-Moor-Zusammenhänge, erklären Hans Joosten und Swantje Furtak in dem neuen Buch. Sie räumen auf mit dem Moorleichen-Mythos, denn zufällig im Moor versunken ist in der Menschheitsgeschichte noch niemand. Sie machen klar, dass wohl jede*r in entwickelten Ländern der Erde täglich Torf isst und dass es diesen auch im Weltall gibt. Dort heißt er star-tar. Vor allem erklärt das Buch leicht und lebendig, warum Moore als Klimaschützer wichtig für uns alle sind. Besonders eines liegt der Journalistin und dem emeritierten Professor für Moorkunde an der Universität Greifswald und Mitbegründer des Greifswald Moor Centrum dabei am Herzen: Menschen und Moore müssen ein gutes Miteinander finden und das kann auch funktionieren! „Moore sind wie Menschen, nur nasser“ (176 Seiten, 20 Euro) mit vielen anschaulichen Grafiken im Stil des Katapult-Magazin wurde im Katapult-Verlag herausgegeben.
Ein Projekt vorgestellt
Biochar Integration
Biokohle auf Paludikulturflächen ausbringen und damit Geld verdienen - das probiert das Projekt Biochar des UK Centre for Ecology & Hydrology in Wales. Für Landwirt*innen könnte das den Umstieg auf Paludikultur finanziell attraktiver machen, so die Idee der Forschenden.
Biokohle ist eine holzkohleähnliche Substanz, die entsteht, wenn Biomasse wie land- oder forstwirtschaftliche Abfälle bei sehr hohen Temperaturen ohne Sauerstoff erhitzt wird. Da sie einen hohen Kohlenstoffgehalt hat und sich sehr langsam zersetzt, eignet sie sich hervorragend für die langfristige Kohlenstoffspeicherung. Auf mineralischen Böden kann Biokohle die Bodeneigenschaften im Wurzelbereich von Pflanzen verbessern, so dass diese mehr Nährstoffe aufnehmen und potentiell höhere Erträge erzielt werden.
Das Projekt Biochar Integration des UK Centre for Ecology & Hydrology ermittelt seit 2023 Methoden, Biokohle auf Flächen mit Paludikulturbedingungen kosteneffizient auszubringen. Es untersucht zudem die Fähigkeit dieser Böden, Kohlenstoff festzulegen. Die Forschenden wollen herausfinden, ob sich so die Rentabilität der Paludikulturflächen verbessern lässt. Das würde Landwirt*innen erleichtern, von hochproduktiven, aber in entwässerten Systemen angebauten Kulturen umzusteigen auf Paludikulturen, die Emissionen nachweislich reduzieren aber bisher wenig abwerfen. Gelingt die Quantifizierung des Potenzials zur Kohlenstoffspeicherung, ergäbe für Landwirt*innen eine zusätzliche Einkommensquelle aus der Kohlenstoffvermarktung. Diese beinhaltet den Verkauf des festgelegten Kohlenstoffs als Gutschrift, z. B. an Unternehmen, die ihre CO2-Emissionen ausgleichen wollen.
Das von Natural England mit 500 000 GBP geförderte Projekt wird vom UK Centre for Ecology & Hydrology (UKCEH) geleitet. Es ist eines von insgesamt zwölf Projekten, das die Organisation Natural England in einem insgesamt fünf Millionen umfassenden Paludiculture Exploration Fond finanziert. Der Fond soll helfen, Hindernisse auf dem Weg zu einer kommerziell tragfähigen Paludikultur auf wiedervernässten Mooren abzubauen.
Autorin: Dr. Jenny Rhymes (Übersetzung aus dem Englischen redaktionell bearbeitet)
Neuigkeiten aus Paludikultur-Projekten
Internationale Projekte
Wet Horizons: Welches Moor zuerst?
Wiedervernässte Moore könnten stark schwankende Niederschlagsmengen ausgleichen, doch nur, wenn die Wiedervernässung korrekt und nachhaltig erfolgt. Nach welchen Kriterien die Dringlichkeit von Wiedervernässung eingeordnet werden kann, untersucht das Projekt Wet Horizons.
„Die durch den Klimawandel verursachten extremen Wetterereignisse haben alle etwas mit Wasser zu tun: entweder zu viel oder zu wenig davon. Feuchtgebiete werden in Zukunft für die Regulierung und Versorgung mit Wasser sehr wichtig werden. Wir müssen den Feuchtgebieten und dem Wasser ihren Platz in unseren Landschaften zurückgeben, um extreme Wetterereignisse abzufedern, die Verfügbarkeit von Wasser für Mensch und Natur sicherzustellen und eine sich aufheizende Umwelt zu kühlen“, erklärt Dr. Alexandra Barthelmes von der Universität Greifswald, Partner im Greifswald Moor Centrum.
Das EU-Projekt Wet Horizons möchte gemeinsam mit dem ebenfalls von der EU geförderten Schwesterprojekt REWET die Wiedervernässung von Mooren vorantreiben und optimieren. Die Projektpartner aktualisieren Karten von Feuchtgebieten, erstellen eine App und erarbeiten Leitlinien für politische Entscheidungsträger. Doch welches Moor wird zuerst wieder nass und warum? Grundlage für diese Entscheidung sind Forschungen zu Treibhausgasemissionen und anderen Ökosystemleistungen, die das wiedervernässte Moor liefert. Verbessert ein Feuchtgebiet zum Beispiel die Wasserqualität in seiner Umgebung, steht es weit oben auf der Liste.
Um die beste Herangehensweise für Wiedervernässung zu finden, haben die Forschenden sieben so-genannte Open Labs installiert. Sie sind durch unterschiedlichen Merkmale der einzelnen Gebiete gekennzeichnet. Darauf bauen die empfohlenen Bewirtschaftungsstrategien auf, damit am Ende ein intaktes, artenreiches Ökosystem entsteht. Die Ergebnisse aus den Projekten werden Teil eines Leitfadens zur nachhaltigen Wiedervernässung von Mooren.
Projekte in Deutschland
MOOSland: Torfmoos-Ernte im Hankhauser Moor
Große Ausbeute: Im Projekt MOOSland gelang die Ernte von über tausend Kubikmetern Torfmoos für hochwertige Kultursubstrate. Ein Belastungstest für Torfmoosanbauende wie auch die Spezialmaschinen der niederländischen Firma Wellink Equipment.
Bereits im vergangenen Winter und im Frühjahr wurden auf der im Jahr 2011 eingerichteten Torfmoos-Paludikulturfläche im Hankhauser Moor über tausend Kubikmeter Torfmoos-Biomasse geerntet. Neben dem bewährten Ernteverfahren per Bagger und Mähkorb vom Fahrdamm aus wurde auch Technik erprobt, die die Torfmoos-Produktionsflächen befahren kann.
Beim MOOSland-Feldtag am 7. Mai 2024 folgten ca. 30 geladene Gäste einem Erntetest mit einem Erntefahrzeug von Wellink Equipment. Schicht für Schicht trug die Loglogic Softrak Maschine mit Schlegelmulcher einen über 13 Jahre aufgewachsenen, ca. 40 cm dicken Torfmoosrasen ab. Mit dem aufgesattelten Bunker transportierte sie die Biomasse zum Lagerplatz. Entscheidend dabei ist das Feingefühl des Fahrers, auf dem nassen, weichen Boden auf das Gewicht der Zuladung zu achten. Das Torfwerk Moorkultur Ramsloh (MOKURA), der Praxispartner im Verbundprojekt MOOSland, verarbeitet die geerntete Torfmoos-Biomasse zu hochwertigen Kultursubstraten für den professionellen Gartenbau.
Einladung: „TyphaSubstrat“ präsentiert Ergebnisse
Mindestens 50 % weniger Torf in Presstöpfen für den Gemüseanbau vor allem durch Rohrkolben als Beimischung – das war das Ziel im Projekt TyphaSubstrat. Das ist möglich, wie die Ergebnisse zeigen. Die Forschenden präsentieren diese bei der öffentlichen Abschlussveranstaltung am 5. September 2024 in Darmstadt.
Eine mindestens 50% torfreduzierte Presstopferde zu entwickeln, war das Vorhaben im dreijährigen Projekt „TyphaSubstrat - Ernte und Nutzung von Rohrkolben als ein alternativer Substratausgangsstoff für Presstopferden im Gemüsebau“. Im Fokus stand Rohrkolben in Mischung mit anderen Torfersatzstoffen wie Torfmoos, Grünschnittkompost und Holzfasern für Presstöpfe, auf denen im gewerblichen Anbau Salat und Gemüse angezogen werden. Darüberhinaus beschäftigte sich das Projekt auch mit Technikentwicklung für die Ernte von Rohrkolben als auch die Untersuchung von Rohrkolbenrohstoff hinsichtlich Substrateigenschaften sowie Pestiziden und Herbiziden. Bei der Abschlussveranstaltung am 5. September 2024 in Darmstadt werden die Projektbeteiligten Ergebnisse vorstellen. Diese zeigen: 50% Torfreduktion ist möglich! Vorträge und Austausch am Vormittag am Forschungsring e.V. in Darmstadt ergänzt eine Besichtigung der Praxistests in einer Gemüsegärtnerei und einem Jungpflanzenbetrieb bei Mannheim. Hier finden Sie Informationen zu Anmeldung und Programm.
TyphaSubstrat leistet durch die Reduktion von Torf und das Verwenden von Paludikultur-Biomasse einen doppelten Beitrag für die Transformation hin zu einer klimafreundlichen Nutzung von Mooren. Die erwiesene Eignung von Rohrkolben-Biomasse als alternativer Substratausgangsstoff bietet der Industrie einen neuen nachwachsenden Rohstoff, der regional produziert werden kann. Ein Schritt für eine langfristig sichere und klimaschonende Rohstoffversorgung und ein Beitrag zum Moorschutz. Projektpartner sind die Universität Greifswald, der Forschungsring Darmstadt e. V. und die Wellink GmbH. TyphaSubstrat wird über die Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe e.V. aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft gefördert.
MOORuse-Abschlussbericht mit neuen Erkenntnissen
Glasfasern durch nachwachsende Rohstoffe aus Paludikultur zu ersetzen, könnte nach dem Abschlussbericht des Projektes MOORuse in Zukunft möglich sein. Dieser stellt erste Erkenntnisse vor, betont jedoch weiteren Forschungsbedarf.
Biogene Polymere sind Werkstoffe, die aus natürlichen Rohmaterialien gewonnen werden. Um die Stabilität des Polymers zu erhöhen, benutzen Ingenieure gerne Fasern. Im Projekt MOORuse haben Ingenieure mit Fasern aus Paludikultur-Biomasse experimentiert. SIe stellten Mischungen mit verschieden großen Anteilen von Polymeren und Fasern her und untersuchten diese auf ihre Eigenschaften, zum Beispiel für den Spritzguss oder den 3-D-Druck.
Das Ergebnis: Die Zugabe von Fasern aus Paludikultur-Biomasse brachte zwar keinen Vorteil gegenüber anderen Fasern, verbesserte den Verbundwerkstoff also nicht. Hinsichtlich der Nachhaltigkeit sind die Paludikultur-Fasern dennoch überlegenswert.
Als Verstärkung seien Fasern aus Paludikultur nur bedingt geeignet, fanden die Forschenden. Eine vorherige Sortierung nach Blatt-, Bast-, Samen- und verholztem Material könnte zu besseren Ergebnissen führen. Gezeigt hat sich zudem, dass eine Silikatschicht häufig die Oberfläche von Paludikulturfasern bedeckt. Diese macht die Verbindung mit dem Polymer schwierig. Bestimmte Additive minimieren dieses Problem. Ein zu hoher Anteil an Additiven mindert allerdings die Qualität der Mischung. Die Forschenden halten deswegen die Entwicklung eines geeigneten, auf Paludikulturfasern abgestimmten Additivs für essenziell.
Biogene Polymere aus Paludikulturen sind nur ein Aspekt des Abschlussbericht des sechsjährigen Mammutprojekts MOORuse zu Niedermoorböden in Bayern. Auf insgesamt 250 Seiten bietet der Bericht Erfahrungen und Anregungen zu Etablierung von Paludikulturen, Klimarelevanz und Umwelteffekten, Verwertungsmöglichkeiten und Wirtschaftlichkeit. Auch in Bezug auf die thermische Verwertung von Paludikultur-Biomasse als Ausgangsstoff für Biogasanlagen und die Nutzung als Einstreu und Raufutter in der Tierhaltung bietet der Bericht eine große Schatzkisten an neuen Erkenntnissen.
Das Projekt wurde vom europäischen Fonds für regionale Entwicklung gefördert und an der Hochschule Weihenstephan Triesdorf koordiniert.
Veranstaltungen
Alle aktuellen Veranstaltungen sind in unserem Online-Kalender zusammengestellt.
Publikationen
Breznikar, A., Pönisch, D. L., Lorenz, M., Jurasinski,·G., Rehder, G. & Voss, M., 2024: Rewetting effects on nitrogen cycling and nutrient export from coastal peatlands to the Baltic Sea. Biogeochemistry DOI: 10.1007/s10533-024-01149-9
Ema, E.P., Mulyana, A., Adriani, D., Antoni, M., 2024: Perceptions of farmers regarding peatland restoration model of paludiculture in South Sumatra, Indonesia. Heritage and Sustainable Development, 6(1), pp.315-334. DOI: 10.37868/hsd.v6i1.418.
Gaudig, G., Prager, A., Krebs, M., 2024: How to promote Sphagnum lawn establishment in drained bogs: the role of water table and moss vitality. Mires and Peat, 31 (06), 22pp. DOI: 10.19189/MaP.2023.OMB.Sc.2305346
Giblett, R., 2024: Wetland Plants and Aboriginal Paludiculture in North-and South-Eastern Australia. Plant Perspectives, 1(1), pp.96-119. DOI: /10.3197/whppp.63845494909708.
Jaszczuk, I., Jablonska, E., Kozub, L., Tanneberger, F., Aggenbach, C., Seeber, E., van Diggelen, R., Kreyling, J., Silvennoinen, H.M. & Kotowski, W., 2024: Peat formation potential of temperate fens increases with hydrological stability. Science of The Total Environment 947: 174617. DOI: 10.1016/j.scitotenv.2024.174617
Kayatz, F., Kott, M., Tomei, L., Föllmer, M., Springer, A., 2024: Sustainable Packaging Solutions from Paludicultures: Potential and Challenges. SOFW Journal (English version), 150(5).
Quadra, G.R., Käärmelahti, S.A., Fritz, C., Temmink, R., 2024: Healing Peatlands to Protect Our Planet. Frontiers for Young Minds, 12. DOI: 10.3389/frym.2024.1124589.
Sanhueza, J.S., Gaudig, G., Krebs, M., Navarro, I.M. & Labbé, F.S., 2024: Turberas y cosecha de Sphagnum en la región de Aysén, Chile. Ciencia & Investigación Forestal. Vol. 30, 43-63. DOI: 10.52904/0718-4646.2024.606
Stivrins, N., Bikše, J., Jeskins, J., Ozola, I., 2024: Hands-On Approach to Foster Paludiculture Implementation and Carbon Certification on Extracted Peatland in Latvia. Land, 13(2), p.188. DOI: 10.3390/land13020188.
Theuerkauf, M., Nehring, E., Gillert, A., Bodien, P.M., Hein, M. & Urban, B., 2024: First automatic size measurements for the separation of dwarf birch and tree birch pollen in MIS 6 to MIS 1 records from Northern Germany. Ecology and Evolution, 14:e11510; DOI: 10.1002/ece3.1151
van den Berg, M., Gremmen, T.M., Vroom, R.J., van Huissteden, J., Boonman, J., van Huissteden, C.J., van der Velde, Y., Smolders, A.J., van de Riet, B.P., 2024: A case study on topsoil removal and rewetting for paludiculture: effect on biogeochemistry and greenhouse gas emissions from Typha latifolia, Typha angustifolia, and Azolla filiculoides. Biogeosciences, 21(11), pp.2669-2690. DOI:10.5194/bg-21-2669-2024.