TyphaSubstrat

TyphaSubstrat

Ernte und Nutzung von Rohrkolben-Biomasse als alternativer Substratausgangsstoff in Kultursubstraten für den Gemüsebau.

Hintergrund

Deutschland produziert ca. 8,4 Mio m3 Erden und Substrate pro Jahr und ist mit knapp 25 % Marktführer in der EU (Schmilewski 2017). Der Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung sieht in der Reduzierung des Torfeinsatzes im Gartenbau ein erhebliches Potenzial, um Treibhausgas-Emissionen zu vermeiden (BMU 2016). Obwohl es aus Gründen des Moorschutzes bereits seit Jahrzehnten Bestrebungen gibt, alternative Substratausgangsstoffe verstärkt einzusetzen (Gruda 2012), nehmen sie bisher mit 25 % in Europa bzw. 19 % in Deutschland (Schmilewski 2017) nur einen geringen Anteil ein. Der Anteil in sogenannten „Blumenerden“ für den Hobbybereich ist dabei zum einen höher und zum anderen stärker gewachsen als in Kultursubstraten für den professionellen Gartenbau. In Deutschland betrug der Anteil 27 % in Blumenerden und 11 % in Kultursubstraten im Jahr 2013 (Schmilewski 2017) gegenüber 7 % bzw. 6 % im Jahr 2005 (Schmilewski 2008a). Demgegenüber wird für den Gemüsebau-Sektor mit ca. 2,5 Mio. m3 mehr als die Hälfte des im professionellen Gartenbau verwendeten Torfes verbraucht.

Insbesondere in Kultursubstraten sind die Anforderungen an die physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften von Substratausgangsstoffen sehr hoch, um die wirtschaftlich erforderliche Produktionssicherheit im Gartenbau zu gewährleisten. Von geeigneten sowie etablierten Alternativen (z.B. RAL-gütegesicherter Kompost*, Rindenhumus, Holzfasern, Kokosprodukte) sind die verfügbaren Mengen jedoch verhältnismäßig gering und u.a. auf Grund konkurrierender Nutzungsmöglichkeiten auch nicht in größerem Umfang zu erhöhen.

Um Torf in nennenswerten Anteilen zu ersetzen und mittelfristig ganz aus der Torfnutzung aussteigen zu können, ist daher eine Erweiterung der Rohstoffpalette erforderlich. Es müssen zunehmend gezielt neue Substratausgangsstoffe gesucht und getestet werden. Um Transportemissionen zu vermeiden und Einkommensalternativen in Deutschland zu entwickeln, sollten hierbei regional verfügbare bzw. erzeugbare Rohstoffe im Vordergrund stehen.

Rohrkolben (Typha L.) ist eine heimische, hochproduktive Sumpfpflanze. Für die Nutzung sind zwei Rohrkolbenarten interessant: Typha angustifolia (Schmalblättriger Rohrkolben) und Typha latifolia (Breitblättriger Rohrkolben). Ihr Anbau bietet als klimaschonende Bewirtschaftung von Moorböden (Paludikultur) auch eine Alternative zur herkömmlichen, entwässerungsbasierten landwirtschaftlichen Moornutzung, die ebenfalls mit hohen Treibhausgasemissionen verbunden ist. Bei Eignung der Rohrkolben-Biomasse als Substratausgangsstoff gewinnt die Substratindustrie einen neuen nachwachsenden, regional zu erzeugenden Rohstoff hinzu, der zur langfristigen Versorgung der Substratindustrie mit Rohstoffen beitragen kann. Die angestrebten Projekt-Ergebnisse sollen zur Transformation hin zu einer klimaneutralen Moornutzung und Substratwirtschaft sowie zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des Gartenbaus beitragen und so die Vorreiterrolle Deutschlands hinsichtlich der Produktion von Substraten stärken.

*Gütegesichert nach Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung

Referenzen

Schmilewski, G. (2017) Growing media constituents used in the EU in 2013. Acta Horticulturae, 1168, 85–92.
BMU (2016) Klimaschutzplan2050. Klimapolitische Grundsätze und Ziele der Bundesregierung. 91 S.
Gruda, N. (2012) Current and future perspective of growing media in Europe. Acta horticulturae, 960, 37–43.
Schmilewski, G. (2008a) Peat overs 77 percent of the growing media production in the EU. IPS Comission II survey. Peatlands International, 1/2008, 39–43.

Ziele des Projekts

Das geplante Vorhaben setzt sich zum Ziel, die nachhaltige Erzeugung und die Potentiale von Rohrkolben-Biomasse als alternativen Substratausgangsstoff zu erforschen. Da für den Gemüsebau-Sektor mehr als die Hälfte des im professionellen Gartenbau verwendeten Torfes verbraucht wird, will das Vorhaben eine um mindestens 50 % torfreduzierte Presstopferde entwickeln.

  • Bestimmung der Quantität und Qualität von Rohrkolbenbiomasse in Abhängigkeit vom Produktionsstandort und Erntezeitpunkt sowie Ableitung des Nährstoffretentionspotentials für den Standort (Bioakkumulation, auch Herbizid- und Schwermetallbelastung)
  • Charakterisierung von Rohrkolben-Biomasse als Substratausgangsstoff: physikalische, chemische und biologische Eigenschaften
  • Entwicklung geeigneter Technik für die Rohrkolbenernte
  • Entwicklung einer geeigneten Aufbereitungstechnik für Rohrkolbenbiomasse als Substratausgangsstoff für Presstopferden und Charakterisierung der aufbereiteten Rohrkolbenbiomasse
  • Entwicklung von neuen, um mindestens 50 % torfreduzierten Substratmischungen mit Rohrkolben-Biomasse (und weiteren Torfersatzstoffen wie Holzfaser, Torfmoosbiomasse u.a.) für den Einsatz als Presstopferde
  • Gartenbauliche Praxistests (inkl. Jungpflanzenwachstum, Haltbarkeit der fertigen Jungpflanzen, Anpassung der Kulturführung während Jungpflanzenentwicklung)
  • Wissenstransfer Wissenschaft ↔ Praxis

Arbeitspakete

AP1 Koordination, Wissenschaftliche Begleitung & Öffentlichkeitsarbeit (Institut für Botanik & Landschaftsökologie, Universität Greifswald)

Die Universität Greifswald leitet das Verbundprojekt und koordiniert die Arbeiten und den Austausch von Wissen sowie Material innerhalb des Verbundes. Des Weiteren ist die Universität Greifswald für die wissenschaftliche Begleitung und den zielgerichteten Wissenstransfer von Projektergebnissen hin zu Anwendern verantwortlich. Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung werden in AP 1 auch geeignete Substratmischungen in kleinmaßstäbigen Tests zu maschineller Pressbarkeit und Jungpflanzenwachstum, sowie Haltbarkeit der fertigen Pflanzen getestet. Es ist weiterhin auch geplant, die geeigneten Substrate in großmaßstäbiger Produktion von Gemüse, von der Jungpflanzenzucht an, in einer Bio-Gärtnerei zu untersuchen. Dabei erfolgen Qualitätseinschätzungen der einzelnen Zwischenprodukte für eine weitere Optimierung der Substratmischungen in Zusammenarbeit mit AP4.

AP2 Bioakkumulation (Institut für Pharmazie, Universität Greifswald)

Die Arbeitsgruppe Moorkunde und Paläoökologie (Universität Greifswald) hilft bei der Standortauswahl für die Feldversuche zu Produktivität und Qualität von Rohrkolben. Hier werden sowohl bereits etablierte Paludikulturflächen als auch natürliche Bestände beprobt und hinsichtlich Boden- und Bodenwassereigenschaften analysiert. Die Arbeitsgruppe Pharmazeutische Biologie analysiert Nährstoff-, Herbizid- und Schadstoffgehalte, die für die Produktion eines Substrates relevant sind. Auf dieser Basis werden Standorte und Erntezeiten definiert, die eine Eignung der Rohrkolbenbiomasse als Substratausgangsstoff grundsätzlich gewährleisten.

AP3 Technikentwicklung (Wellink GmbH)

Der Technik-Partner Wellink GmbH wird die Entwicklung eines Mahd-Konzepts für Rohrkolben durchführen und umsetzen. Dafür werden extern weitere Technikunternehmen bzw. Nutzer nasser Technik in den Erfahrungsaustausch einbezogen. Die zu entwickelnde Erntetechnik wird auf Häckselgut oder Bunde fokussieren und auch eine Entwicklung eines Bunkers zum Abladen am Flächenrand beinhalten. Grundlage für die Entwicklung ist eine kettenbasierte Technik für nasse Standorte (Loglogic).

AP4 Substratentwicklung (Forschungsring e.V.)

Der Forschungsring e.V. wählt potentielle Torfersatzstoffe (inkl. Rohrkolben-Biomasse) aus und testet ihre Eignung als Substratausgangsstoff nach Aufbereitung, insbesondere mit einer Fermentierung des Rohstoffs. Im Falle von Rohrkolben-Biomasse erfolgt das in Ergänzung zur Analyse der enthaltenen Nähr- und Schadstoffe. Des Weiteren werden Substratmischungen für den Einsatz als Presstopferden zur Anzucht von Gemüsejungpflanzen entwickelt. Zunächst werden sie in kleinerem Umfang selbst hergestellt und auf ihre Eignung geprüft.

Verbundpartner

  • Arbeitsgruppe Moorkunde & Paläoökologie, Institut für Botanik und Landschaftsökologie, Universität Greifswald (AP1 Koordination, Wissenschaftliche Begleitung & Öffentlichkeitsarbeit)
  • Abteilung Pharmazeutische Biologie, Institut für Pharmazie, Universität Greifswald (AP2 Bioakkumulation)
  • Wellink GmbH, Stadtlohn (AP3 Technikentwicklung)
  • Forschungsring e.V., Darmstadt (AP4 Substratentwicklung)